Essay

Gras – verborgene Potenziale

Im Grünland liegen ungenutzte Möglichkeiten für nachhaltige Lebensmittelerzeugung und Klimaschutz

von Anita Idel

 

Zwar wird Gras als „schön grün fürs Auge“ aber zusammen mit seinen Grasern wie Rindern und Schafen zunehmend als „wenig produktiv“ wahrgenommen. Darin liegt ein großes Risiko, denn sowohl Umbruch als auch Unternutzung belasten das Klima. Ignoriert werden die Potenziale der weltweiten Grasflächen für die Welternährung und für den Klimaschutz – als gigantische Proteinressource und größter landgestützter Kohlenstoffspeicher.

 

Egal, ob jemand bei der Frage nach „Gras“ lila Schokolade, Burger, Käselaibe oder Golfbälle in den Sinn kommen – alle Assoziationen sind so richtig wie wichtig, wenn man dem Grünland nicht nur auf bzw. unter den Grund gehen, sondern auch das Phänomen verstehen will, warum seine Potenziale für die Welternährung und das Klima seit Jahrzehnten fahrlässig übersehen werden.

Dauergrünland – trotz der gigantischen Dimension ...

Während die Weltmeere Dreifünftel unseres Planeten bedecken, wächst auf 40 Prozent der globalen Landfläche, den verbleibenden Zweifünfteln abzüglich der Polregionen, dauerhaft Gras. Dieses so genannte Dauergrünland wächst auf Böden, die sich nicht für den Ackerbau eignen. Landwirte bezeichnen sie als nicht-ackerfähig, weil sie zu nass, zu trocken und/oder zu steil sind. Dennoch zu pflügen provoziert das Risiko, dass die nun nicht mehr durch die Grasnarbe, das Geflecht aus grünen Gräsern und Kräutern sowie deren Wurzeln, geschützten Böden durch Wind oder Wasser erodieren: Fruchtbare Erde wird verweht oder weggeschwemmt und kann dabei an manchen Stellen auch unwiederbringlich verloren gehen. Bei Staunässe würden sich Trecker und Mähdrescher festfahren und selbst wenn nicht, den zu weichen Boden verdichten. Die zunehmenden Starkregenereignisse erhöhen zudem das Risiko, dass fruchtbarer Boden in Hanglagen quasi abschmiert.

 

Auf deutsch sprechen wir von Grünland, während international eher von Grasland die Rede ist. Tatsächlich ist Gras nur dann meistens grün, wenn genügend Wasser vorhanden ist. Je geringer die Verfügbarkeit von Luftfeuchtigkeit, Tau, Regen und Grundwasser in einer Region ist, desto schneller bildet sich das Heu auf dem Halm, das dann schnell seine grüne Farbe verliert. Das Green auf dem Golfplatz heißt rund um den Globus nur deshalb so, weil es täglich gemäht und gewässert wird.

 

Obwohl die weltweite Verbreitung von Grasland gigantisch ist, wird ihm vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit in Forschung und Politik beigemessen. Warum? Vor allem, weil es oberirdisch so langsam wächst. Und was langsam wächst, so die verbreitete Überzeugung unserer Wachstumsgesellschaft, kann nicht sonderlich produktiv sein. Gras, so könnte man die Wahrnehmung umschreiben, entspricht nicht unserer verinnerlichten Vorstellung von wirtschaftlichem Wachstum, so dass diese in der Landwirtschaft inzwischen eher von schnellwachsenden Monokulturen á la Mais geprägt ist nach dem Motto: Mais macht Biomasse – viel und schnell, das sieht jeder.

 

Zwei Aspekte sind der Grund für die große Relevanz des weltweiten Graslandes als Proteinquelle und Kohlenstoff-Speicher: neben der riesigen Flächenausdehnung auch die dritte Dimension – die fruchtbare Erde im Boden. Aber weil sich das CO2 überwiegend dort verborgen und viel weniger in den grünen Grashalmen befindet, ist es naheliegend, dass Wald als viel wesentlicher für die CO2-Speicherung angesehen wird als Grasland. Im Vergleich insbesondere zum (Regen-) Wald, der inzwischen über eine Lobby im Natur- und Umweltschutz verfügt und in internationalen Vereinbarungen geschützt wird, ist das weltweite Grasland rechtlich weitgehend verwaist.

... verkannte Potenziale durch isolierte Berechnung

Generell wurde dem Grasland als Futtergrundlage in den letzten Jahrzehnten immer weniger Bedeutung beigemessen. Der Nicht-Wahrnehmung seiner Potenziale liegt ganz entscheidend eine andere Nicht- bzw. Fehlwahrnehmung zugrunde: Die Annahme, Rinder und ihre Verwandten seien schlechte Futterverwerter, wurde seit Ende der 1970er Jahre zunehmend als akademische Erkenntnis in der Ausbildung verbreitet. Dabei wurden Rinder und andere Wiederkäuer nicht an dem gemessen, wofür sie die Jahrtausende lange CoEvolution mit dem Grasland prädestiniert, nämlich dazu, Gras, Heu und Silage in Fleisch und Milch umzusetzen, sondern daran, wie sie Getreide, Mais und Soja verwerten. Das leisten Allesfresser wie Schweine und auch Geflügel vergleichsweise effizienter. Deshalb werden sie in der intensiven Landwirtschaft gar nicht mehr mit Gras gefüttert, so dass Weideschwein und Weidegans inzwischen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere stehen bzw. bereits ausgestorben sind.

 

Weil Rinder nach diesem falschen Maßstab zunehmend als nicht effizient wahrgenommen wurden, galt auch Beweidung als wenig produktiv. In der Folge lag auch die Erforschung der Symbiose aus Weidegras und Weidekuh für nachhaltiges Beweidungsmanagement weitgehend brach. Statt lokal angepasste Systeme gerade auch für die Grünlandnutzung zu erforschen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten weltweit zahlreiche Grün- bzw. Grasland-Institute geschlossen oder verkleinert. Viele unter den verbleibenden such(t)en seit dem nach Nutzungen jenseits der Beweidung. Sie forschen an Hochleistungssorten, die besonders viel synthetischen Stickstoffdünger oder Gülle aufnehmen. Dieses Gras wird teilweise gar nicht mehr als Tierfutter, sondern als sogenannter nachwachsender Rohstoff für Agrogasanlagen genutzt. (Der Begriff Agrogas ist angemessener, weil weniger irreführend als der generell mit nachhaltig gleichgesetzte Begriff Biogas.)

Noch viel Potenzial: Humus unter Grünland

  • Grundsätzlich ist eine Zunahme der Humusgehalte in der Reihenfolge Acker – Forst – Grünland zu beobachten: Während unter ackerbaulicher Nutzung die Humusgehalte überwiegend den an Humus ärmeren Klassen h2 – h3 zuzuordnen sind, bewegen sie sich unter forstlicher Nutzung im Bereich h3 – h4 und unter Grünland im Bereich h4 – h5. Auch in den Extremwerten spiegelt sich diese Tendenz wider: Die Humusklasse h1 ist unter Ackernutzung am häufigsten vertreten, die humusreichste Klasse h7 unter Grünland. (1)

  • Gegenüber älteren Waldbeständen, die am Klimax der Humussättigung stehen, sind die Gehalte unter Grünland durch nachhaltige Nutzung noch viel höher anzuheben.

  • Nach Grünlandumbruch gehen 10 bis 60 % des Humusvorrats in den ersten 2 bis 3 Jahren verloren.

  • Maisanbau als vermeintliche Alternative zum Grünland verzehrt jährlich 960 kg Humus je ha. (2)

  • Quellen:
    1) BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) 2007: Gehalte an organischer Substanz in Oberböden Deutschlands – Bericht über länderübergreifende Auswertungen von Punktinformationen im FISBo BGR
    2) LWK Rheinland

Industrielandwirtschaft: Schrumpfung statt Wachstum

Indem wir unsere Wahrnehmung landwirtschaftlicher Produktivität auf das Sichtbare und somit die Erntemengen beschränken, machen wir zwangsläufig die Rechnung ohne den Wirt bzw. übersehen den wichtigsten Wirt: die lebendige Erde. Insbesondere wer mehrjährige Gräser im Dauergrünland verstehen will, muss schauen, was im fruchtbaren Boden passiert. Wer aber nur sieht, was man sehen kann, weil es überirdisch wächst, und nicht, was sich gleichzeitig im Boden tut, wird Gras im Vergleich zu Mais automatisch für unproduktiv(er) halten und im wahrsten Sinne des Wortes übersehen, dass die fruchtbare Erde im Boden unter den Mais-Monokulturen schrumpft. (Ein beeindruckendes Beispiel dieser Nicht-Wahrnehmung stammt von einem engagierten Umweltjournalisten, der unlängst nicht die fruchtbare Erde, sondern das Great Barrier Reef nordöstlich von Australien als die „größte von Lebewesen geschaffene Struktur“ bezeichnete.)

 

Denn ob Grüne Revolution oder Gentechnik: Immer mehr wird der irreführende Wachstumsbegriff verbreitet, mit dem nur wahrgenommen wird, was oben auf dem Boden wächst und nicht, was ihm durch Erosion verloren geht. Steigende Ernten allein werden auf unzähligen Grafiken als Fortschritt definiert und sind meist doch nur Beweis für eine traurige Wahrheit: Intensive Landwirtschaft lässt Ressourcen – vor allem die Reserven im Boden – dramatisch schrumpfen.

 

Diese Nicht-Wahrnehmung ist wesentlich dem synthetischen Stickstoffdünger geschuldet, der auf dem Acker ebenso wie auf dem Grünland zum Motor der Landwirtschaft wurde. Die Ignoranz gegenüber natürlicher Bodenfruchtbarkeit ist nur im Kontext der politischen Rahmenbedingungen zu verstehen: Energie war und ist nur billig durch mehrfache Subventionierung sowie Externalisierung von sozialen und ökologischen Kosten, die generell mit der Energiegewinnung verbunden sind, aber erst durch Katastrophen wie die Explosion der Deep Water Horizon im Golf von Mexiko und die Havarie in Fukushima wahrgenommen werden. Der Glaube an die zeitlich unbegrenzte Verfügbarkeit von Energie verdeckt(e) die einzelbetriebliche wie volkswirtschaftliche Abhängigkeit von einem Phantom – ebenso wie Stickstoffdünger Bodenfruchtbarkeit quasi zu ersetzen scheint, sein industrieller Einsatz sie in Wahrheit aber letztlich zerstört.

Gras lässt den Boden wachsen

Somit muss in den Boden schauen, wer die Potenziale von Grasland verstehen will. Die entscheidende Bedeutung als Kohlenstoffspeicher obliegt – oder auch: unterliegt – dem Dauergrünland. Denn nachhaltige Nutzung bewirkt, dass Wurzelmasse angereichert wird. Deren Bedeutung für das Klima liegt darin, dass die Wurzeln von heute quasi der Humus von morgen sind und dieser zu über 50 Gewichtsprozent aus Kohlenstoff besteht. Deshalb entzieht jede zusätzliche Tonne Humus im Boden der Atmosphäre circa 1,8 Tonnen CO2. Entsprechend belastet der Grünlandumbruch die Atmosphäre.

 

Humusbildung braucht Zeit. Während Herden in jahreszeitlichen Rhythmen über sie hinwegzogen, sind über Jahrtausende teilweise meterdicke Schwarzerden entstanden. Sie sorgen für eine möglichst geschlossene Grasbedeckung und verringern dadurch die Erosionsgefahr. Zudem lösen sie einen Impuls aus, der durch Photosynthese und somit die Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre nicht nur das oberirdische Grün, sondern vor allem die unterirdischen Wurzeln wachsen lässt. Damit die Flächen immer wieder regenerieren können, bedarf es nach der Beweidung – je nach Region und Jahreszeit – immer mal wieder einer Pause.

Der gute Hirte: pastorale Wirtschaft erhält ungenutzte Flächen

Das Zusammenwirken von Weideland und Weidetieren ist in CoEvolution entstanden und einzigartig. Viel zu Wenigen ist bekannt, dass Existenz und Fortbestand der Wiesen und Weiden von ihrer Nutzung abhängen – davon, dass und wie sie genutzt werden. Ohne Nutzung bzw. durch Unternutzung geht Grasland ebenso verloren wie durch Übernutzung. Denn je nach Wasserverfügbarkeit verbuschen oder verwalden die ungenutzten Grasflächen, da die vergleichsweise kleinen Gräser in der Konkurrenz um Nährstoffe und Licht nach und nach unterliegen. Damit geht Gras als Futtergrundlage dauerhaft verloren und das Erosionsrisiko nimmt zu. Deshalb ist es keine Lösung, Graser von überweideten Flächen dauerhaft fernzuhalten. Deshalb irrte der Journalist Jeremy Rifkin, als er Rinder mit Heuschrecken gleichsetzte und Anfang der 1990er Jahre auf eine Perspektive „jenseits der Rinderkultur“ hoffte.

 

Nachhaltige Wanderweidewirtschaft entspricht am meisten dem Bedarf der in CoEvolution entstandenen weltweiten Graslandschaften. Sie ist – obwohl benachteiligt und in den Industrieländern bereits seit Jahrzehnten totgesagt – nicht nur eine alte, sondern eine weiterhin verbreitete Form der Landnutzung. Knapp 6892 Millionen Menschen leben auf der Erde, circa 800 Millionen davon sind Angehörige von Hirtenvölkern. Insbesondere in Zeiten des Klimawandels erweist sich deren Mobilität als überlebenswichtig: Denn die damit verbundene Flexibilität ermöglicht ihnen, auch kurzfristig reagieren und den Ort oder sogar die Region gegebenenfalls mitsamt der Habe verlassen zu können. Allein in Afrika werden 40 Pro-zent der Landfläche von Grasnutzern, den Pastoralisten, genutzt. Das englische Wort pasture für Grasland macht deutlich, warum der gute Hirte bei uns Pastor heißt. Letztlich wandern Pastoralisten mit den Herden dem Futter hinterher – in Afrika suchen sie während der Trockenzeit Weidegründe in entfernteren Regionen auf, in asiatischen Steppen ziehen sie während des Sommers in Höhenlagen, deren Böden im Winter tief gefroren und verschneit sind. Seit grasende Wildtiere nach Zahl und Art aus den meisten Steppenregionen verdrängt worden sind, haben nur Pastoralisten das Potenzial, diese Ressourcen für die Welternährung auf regionaler Ebene durch nachhaltige Nutzung zu erhalten.

Grüne Perspektiven – mit dem Wissen des 21. Jahrhunderts

Das Problem sind nicht die Rinder; sondern das immer industrialisiertere Agrarsystem. Was wir brauchen, ist eine Rinderkultur, die diesen Namen auch verdient. In diesem Sinne können wir von den Prärien Nordamerikas mit ihren Bisons und der Serengeti mit ihren Gnus ebenso lernen wie von Pastoralisten – Wanderschäfern und Hirtenvölkern. Aber wie viele Tiere das Dauergrünland bei uns und anderswo unter welchen jahreszeitlichen Bedingungen wie lange verträgt, um weder über- noch unternutzt zu werden, das hängt entscheidend von den lokalen Verhältnissen ab – den Böden und Tierrassen sowie den Temperaturen und der Wasserverfügbarkeit. Deshalb müsste die Politik die ernährungs- und klimarelevante Erforschung der nachhaltigen Nutzung von Dauergrünland und des Beweidungsmanagements mindestens mit soviel Geld und Hirnschmalz fördern, wie den Ackerbau.

 

Leider führen erste Versuche in diese Richtung in die Irre. Um das Potenzial zur Kohlenstoffspeicherung zu untersuchen, wurde in Versuchen auf Ackerböden Gras gesät, mit magerem Ergebnis. Dass diese winzigen Pflänzchen – die oberirdischen Hälmchen ebenso wie ihre filigranen Würzelchen – nur wenig Kohlenstoff speichern, sollte eigentlich nicht verwundern. Die wahren Potenziale zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit birgt das Dauer-Grünland, wo es bereits in erheblichem Umfang Biomasse im Boden speichert. An seine Wurzelmasse kann weitere Biomasse quasi angefleischt und dadurch Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden werden.

 

Auch im Ackerbau muss dem Grünland künftig wieder eine größere Bedeutung – als Bestandteil der Fruchtfolge – zukommen. Dabei steht nicht die Kohlenstoffbindung im Vordergrund, sondern die natürliche Anreicherung von Stickstoff durch Kleegräser. Diese Gründüngung verringert zudem die Bodenerosion und damit den Verlust fruchtbarer Erde und verbessert durch die Wurzeln mehrjähriger Gräser die Bodenstruktur. Inzwischen erfordert auch der Klimawandel, dass Gründüngung auf die politische Agenda gehört, weil die übliche Düngung mit synthetischem Stickstoffdünger den größten Beitrag der Landwirtschaft zum Klimawandel provoziert. Denn dabei entsteht Lachgas, das 296 mal so klimaschädlich ist wie CO2. Je verdichteter die Böden sind, desto mehr Lachgas wird gebildet – durchschnittlich zwei bis drei Prozent der Düngermenge. Derzeit gilt für die immer industrialisiertere Landwirtschaft angesichts zunehmender Bodenerosion: „Wir wachsen nicht, wir schrumpfen.“

 

Dem Grünland kommt somit eine vielfältige Funktion für die Ernährungssicherung zu. Zur Begrenzung des Klimawandels, zum Schutz vor Erosion, zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und als Futterressource – insbesondere, aber nicht nur – für Wiederkäuer. Um seine Potenziale zu nutzen und weiterzuentwickeln, bedarf es politischer Rahmenbedingungen, die weit darüber hinaus gehen, Dauergrünland vor Umbruch zu bewahren.

 

Brauchbare Daten mit traurigem Inhalt liegen für Nordamerika vor. Tatsächlich ist dort die Bodenfruchtbarkeit infolge nicht nachhaltiger Nutzung – gerade auch der ehemaligen Prärien – innerhalb von 150 Jahren um 25 bis 30 Prozent gesunken. Diese desaströse Tendenz macht sich auch in anderen Regionen breit, wobei die Daten erst nach und nach verfügbar werden. Klar ist, dass wir nicht so weitermachen können, wie bisher. Entscheidend für das künftige „Wie“ ist eine andere Wahrnehmung, die nicht mit Tunnelblick auf Einzelleistungen fokussiert ist. Der aus humanitären, Tierschutz- und ökologischen Gründen zerstörerische Anbau von Tierfutter muss vom Kopf auf die Füße gestellt und in der Folge der hohe Fleischkonsum drastisch reduziert werden.

 

Statt dem bisherigen irreführenden Wachstumsbegriff zu dienen, benötigen wir generell Daten über die Auswirkungen der Bodennutzung auf die Bodenfruchtbarkeit, um sie zu einem entscheidenden Bewertungskriterium für landwirtschaftliche Systeme zu machen. Das gilt für das Ackerland einschließlich seiner Gründüngung und ebenso für das Dauergrünland. Die künftige Agrarpolitik und -Forschung muss sich auf den Boden-Pflanze-Tier-Komplex und somit auf die Potenziale von Symbiosen und komplexen Systemen konzentrieren und mit dem Wissen des 21. Jahrhunderts die Produktivität(-sentwicklung) von Landschaften in den Fokus nehmen. Auf dass künftig das Gras mitsamt seinen Grasern Wertschätzung als geniale Symbiose erfährt.

 

Dr. Anita Idel ist ausgebildete Tierärztin und Mediatorin. Sie leitet Projekte zur Ökologisierung der Landwirtschaft und führt Mediationen im Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Naturschutz durch. 2010 erschien ihr Buch: Die Kuh ist kein Klima-Killer, Metropolis Verlag, 2010